Elektroautos mögen definitiv die Zukunft der persönlichen motorisierten Mobilität sein. Das bedeutet jedoch keineswegs automatisch, du müsstest zeitnah beim Händler eines bestellen.
Es gibt Argumente gegen Elektroautos, bei denen sieht man erst, wie abstrus sie eigentlich sind, wenn man die Situation unter umgekehrten Vorzeichen betrachtet: Eine Welt, in der die Stromer das „Normal“ sind und Verbrenner gerade beginnen, sich durchzusetzen. In einer solchen Welt würde wohl niemand die Reichweitenthematik ansprechen – schlicht, weil es aus der Sicht völlig abstrus wäre, dazu ein gigantisches Netz von Tankstellen zu errichten, die zudem alle paar Tage via LKW mit Benzin und Diesel beliefert werden müssen.
Zugegeben, viele der gängigeren Argumente gegen E-Autos sind tatsächlich unter der Lupe betrachtet bestenfalls fragwürdig. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, jeder müsste ein Elektroauto kaufen. Wir liefern dir jetzt mehrere allgemeine und vielleicht für dich persönlich geltende Gründe, einen solchen Erwerb mindestens in die mittel- bis langfristige Zukunft zu verschieben – garantiert ohne substanzloses E-Auto-Bashing!
Gute Gründe gegen (d)ein Elektroauto
- Dein E-Auto wäre ein „Steh-Auto“
Gehörst du zu den vielen Menschen, bei denen der Alltag sowieso wenig mobil ist? Bist du beispielsweise einer der Glücklichen, die vollständig im Homeoffice arbeiten, viel Lebensnotwendiges online finden, den Rest in komfortabler Nähe zur Wohnung kaufen können und nur sehr selten Großes transportieren oder weit fahren müssen?
In diesem Fall bist du höchstwahrscheinlich nicht bloß kein Kandidat für ein Elektroauto, sondern bei ehrlicher Betrachtung sogar keiner für jede Form von Auto – wenigstens nicht als Eigentümer und Halter. Du willst es ganz mathematisch? Für die meisten Menschen, die nicht gerade extrem ländlich leben, lohnt sich ein eigener Wagen erst ab ungefähr 10.000 Jahreskilometern – macht 833 Kilometer monatlich.
Darunter dürftest du, falls es ein von dir gesteuertes Auto sein muss, mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit mit irgendeiner Form von Carsharing deutlich besser wegkommen – sofern du überhaupt so häufig einen PKW benötigst, dass sich seltenes Mieten bei klassischen Autovermietern nicht rechnet.
- Du wohnst und bleibst in der Innenstadt
Fast drei Viertel aller Deutschen, genauer gesagt 71 Prozent, leben in Großstädten oder deren Umland. Selbst, wenn es weniger werden, wenn man nur die „echten“ Innenstadtbewohner rechnet, ist es noch eine Menge. Gehörst du zu diesem Personenkreis?
In dem Fall sind die Gründe gegen das E-Auto bei dir wahrscheinlich ähnlich gelagert wie im vorherigen Kapitel. Ganz einfach: Solange nicht gerade ernsthafte körperliche Gebrechen im Spiel sind, gibt es keine wirklich rationalen Gründe, um als Großstadtbewohner ein (E-)Auto zu besitzen. Alles liegt unheimlich dicht beieinander und für den Rest gibt es Fahrrad und Öffis.
Obendrein muss man noch eines feststellen: Zwar ändern sich die Gesetze derzeit. Dennoch ist es für Innenstadtbewohner mit am schwierigsten, ein Elektroauto zuhause zu laden. Besonders, wenn es nur den Anwohnerparkausweis gibt, keinen festen gemieteten Stellplatz.
In solchen Fällen bleibt dir nur das Laden an öffentlichen Stationen (oft chaotisch und teils dreist teuer) oder beispielsweise beim Arbeitgeber (sofern du eben nicht im Homeoffice arbeitest). Natürlich gibt es wieder Ausnahmen, etwa, wenn du häufig pendelst. Doch erneut ließe sich selbst dann manches mit Carsharing und anderen Modellen abfangen.
- Du besitzt einen recht neuen Verbrenner
Was die lokalen Abgasemissionen anbelangt, dreht jeder Stromer leise surrende Kreise selbst um die „saubersten“ Verbrenner. Allerdings darf man das Thema graue Energien bzw. -Emissionen nicht ignorieren – das ist alles, was anfiel, bis das Auto fertig gebaut war.
Folgendermaßen sehen aktuelle (Ende 2024) Berechnungen aus: Selbst, wenn ein Elektroauto mit 100 Prozent regenerativem Strom geladen wird, dauert es etwa 25.000 bis 30.000 Kilometer, bis sich die Emissionen seiner Herstellung amortisiert haben. Bei Verbrennern geht es schneller, dafür überwiegen bei ihnen die Emissionen im Betrieb überdeutlich. Das bedeutet, je weniger Kilometer du jährlich fährst, desto weniger fällt die schlechtere Umweltbilanz deines Verbrenners ins Gewicht. Besonders, wenn er wirklich erst wenige Jahre alt ist.
Bei einer Jahresfahrleistung von deutlich weniger als einigen Tausend Kilometern wäre es also sinnvoller, den Verbrenner weiter zu nutzen, weil du einen neuen Stromer sehr lange fahren müsstest, damit sich sein Fußabdruck amortisiert. Allerdings – wenn du so wenig fährst, solltest du nochmal einen Blick ins erste Kapitel werfen.
- Du kannst dir die Preise nicht leisten
Selbst der ADAC, dem man nicht vorwerfen kann, gegen Elektromobilität eingestellt zu sein, sagt unumwunden, dass es hierzulande nur ein halbes Dutzend E-Autos gibt, deren Neupreis unter 30.000 Euro liegt. Doppeltes Pech: Allmählich zieht auf dem Gebrauchtwagenmarkt die Nachfrage deutlich an, weshalb die Preise ebenfalls kräftig gestiegen sind.
Du hast weder so viel Geld, noch kannst du es dir zu vertretbaren Raten leihen oder ein Elektroauto leasen oder langzeitmieten? In dem Fall solltest du bei allem Sinn für den Planeten deinen privaten Finanzen größeres Gewicht einräumen. Niemandem ist geholfen, wenn du dir durch einen E-Auto-Kauf die finanzielle Luft abschnürst.
Sofern du allerdings einen Verbrenner besitzt, solltest du dennoch gründlich durchrechnen. Je nachdem, wo du laden kannst, wie viel du fährst und nicht zuletzt unter dem Eindruck der nichtvorhandenen Kfz-Steuer könnte selbst ein in der Anschaffung und teilweise Versicherung teurer Stromer monatlich günstiger sein – besonders, wenn du durch den Verkauf des Alten noch eine ordentliche Summe als Anzahlung freimachen kannst.
- Du musst regelmäßig schwere Anhänger (weit) ziehen
Bist du jemand, der gern und oft einen großen Wohnwagen in den Urlaub zieht? Der vielleicht andere Autos auf dem Trailer transportiert, Pferde bewegt oder ähnliche Dinge „an den Haken nimmt“? In dem Fall solltest du zumindest noch etwas warten, bis du dir einen Stromer kaufst.
Denn obwohl seit kurzer Zeit vermehrt Elektroautos auf den Markt strömen, die immerhin überhaupt einen Anhänger ziehen können, so befinden wir uns dennoch in einer Zwischensituation, was die erlaubte (gebremste) Anhängerlast anbelangt.
Nur wirklich wenige Stromer können schwere Hänger jenseits der 1.500, 1.800 Kilogramm ziehen – und von denen sind die meisten obendrein recht kostspielig. Etwa der Audi Q6 e-tron edition one blue quattro – freigegeben zwar für satte 2.400 Kilogramm (und damit aktuelles „Zugpferd“ der hierzulande käuflichen E-Autos), aber nicht unter rund 91.000 Euro erhältlich.
Aber: Die kurze Zeitspanne, seitdem E-Autos überhaupt mit Anhängerkupplung erhältlich sind, zeigt dir deutlich, dass sich dieses Thema in schneller Bewegung befindet. Schon in einigen Monaten könnte diese Empfehlung sich selbst auflösen. Einfach, weil immer mehr solche E-Modelle lanciert werden.
Zusammengefasst
Die meisten der typischen Gründe gegen Elektroautos sind entweder mittlerweile überholt oder waren von Anfang an den Haaren herbeigezogen. Doch selbst wenn Stromer fast nur Vorteile gegenüber Verbrennern haben, so sind sie dennoch keine Universalantwort – vielleicht einfach nur deshalb, weil du bei Lichte betrachtet überhaupt keinen PKW benötigst; egal, was sich unter seiner Haube befindet.