Bei Paul* flatterte ein unschöner Brief ins Haus: Das Jobcenter Pankow fordert ihn auf, mehr als 380 Euro zu bezahlen – es geht dabei um eine Zahlung vor knapp 16 Jahren. KUKKSI hat bei der Behörde nachgefragt.
Konkret geht es bei der Forderung um einen Teil der Mietkaution – diese wurde auf ein spezielles Mietkautionskonto überwiesen, wo nur der Vermieter zugreifen konnte. Und dennoch fordert das Jobcenter nun von Paul* die 380,95 Euro – und das unglaubliche 16 Jahre nach der Zahlung. Paul* hatte gleich mehrere Fragezeigen im Kopf: Gibt es nicht eine Verjährungsfrist? Dürfen die Daten nach einem solch langen Zeitraum überhaupt noch gespeichert werden und warum schickt das Jobcenter überhaupt erst nach 16 Jahren überhaupt ein solches Schreiben?
So lange werden personenbezogenen Daten im Jobcenter gespeichert
„Das Jobcenter Berlin Pankow hat zur Durchsetzung möglicher Forderungen (z.B. bei Überzahlungen oder Darlehen) die Dienstleistung des Inkasso-Service der Bundesagentur für Arbeit beauftragt“, sagt Pressesprecher Jens Krüger gegenüber KUKKSI. Auf die Frage, wie lange personenbezogenen Daten in der Behörde gespeichert werden, antwortet er: „Rückzahlungsansprüche aus Darlehen, welche durch unanfechtbaren Verwaltungsakt gewährt wurden, unterliegen nach § 52 Absatz 2 SGB X der 30-jährigen Verjährung. Zu diesem Zweck werden auch personenbezogene Daten gespeichert. Ein Verstoß gegen die DSGVO liegt nicht vor.“
Darum schickt die Behörde erst 16 Jahre später einen Brief
Paul* hat kaum noch Daten aus dem Zeitraum – schließlich liegt die Zahlung schon 16 Jahre zurück. Bei dem ehemaligen Hartz-IV-Empfänger sorgt das für Unmut und vermutet dahinter eine Strategie – das weist das Jobcenter Pankow von sich. Die Behörde erklärt dazu: „Die Jobcenter sind gesetzlich verpflichtet, an offene Forderungen zu erinnern, diese ggf. anzumahnen und zu vollstrecken (§ 34 BHO). Dies gilt, solange eine Forderung noch nicht verjährt ist. Rückzahlungsansprüche aus Darlehen, welche durch unanfechtbaren Verwaltungsakt gewährt wurden, unterliegen nach § 52 Absatz 2 SGB X der 30-jährigen Verjährung. Fällig wird die Forderung mit dem Auszug aus der Wohnung, für die das Darlehen gewährt wurde oder mit dem Ausscheiden aus dem SGB-II/Bürgergeld-Leistungsbezug. Daher kann es vorkommen, dass die Aufforderung zur Rückzahlung des Darlehens auch erst Jahre nach der Gewährung des Darlehens erfolgt. Dies entspricht den rechtlichen Vorgaben. Die Aussage, das Jobcenter versende bewusst erst viele Jahre später solche Briefe, da wir davon ausgingen, dass nach dieser Zeit keine Bescheide oder Kontoauszüge mehr vorlägen, entbehrt jeglicher Grundlage und wird von uns deutlich zurückgewiesen.“
Und weiter: „Bei einem Umzug ist es erforderlich, dass das Jobcenter durch den Darlehensnehmer über die neue Erreichbarkeit informiert wird. Personen, die ein Darlehen erhalten, erhalten bereits mit der Bewilligung des Darlehens eine entsprechende Belehrung über die Rückzahlungsmodalitäten in den Bescheiden. Im Übrigen entspricht es den üblichen gesellschaftlichen Gepflogenheiten, gewährte Darlehen an den Darlehensgeber zurückzuzahlen.“
Behörde darf nicht auf Mails antworten – bei der Eingangsbestätigung bietet man jedoch eine Antwort per Mail an
Paul* hat uns mitgeteilt, dass die Behörde bisher nicht auf Mails reagiert hat. Wir wollten wissen, weshalb das Jobcenter Pankow bisher nicht auf die Forderung eingegangen ist: „Eingehende Anliegen per E-Mail werden der Bearbeitung im Jobcenter zugeführt. Dabei ist zu beachten, dass es die DSGVO dem Jobcenter verbietet, per E-Mail zu antworten. Die Reaktion des Jobcenters auf eine E-Mail erfolgt per Post oder durch unser Online-Angebot jobcenter.digital“, erklärt der Pressesprecher. Wenn man jedoch eine Mail an das Jobcenter Pankow versendet, kommt eine automatische Eingangsbestätigung: „Ihre E-Mail an das Jobcenter Berlin Pankow ist eingegangen und wird bearbeitet. Da Sie sich per E-Mail an uns gewandt haben, gehen wir davon aus, dass Sie mit einer Beantwortung per E-Mail einverstanden sind.“ Anscheinend ist eine Beantwortung per Mail doch möglich?
Jens Krüger sagt weiter: „Grundsätzlich gilt: Seit dem 25. Mai 2018 verpflichtet Artikel 24 Abs. 2 EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) das Jobcenter, geeignete technische und organisatorische Maßnahmen umzusetzen, um sicherzustellen, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten datenschutzgerecht im Sinne der DSGVO erfolgt. Die E-Mailkommunikation ist leider nicht datenschutzgerecht im Sinne der DSGVO. Die Datenübertragung beim Versand einer unverschlüsselten E-Mail über das Internet erfolgt ungesichert, Daten können somit von Unbefugten zur Kenntnis genommen oder auch verfälscht werden. Der Versand von E-Mails mit personenbezogenen Daten ist verboten. Personenbezogene Daten sind alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (betroffene Person) beziehen, z.B. Name, BG-Nummer, Adresse, Geburtsdaten, E-Mail-Adressen. Dazu zählen zunächst alle personenbezogener Daten (Art. 4 Nr. 1 DSGVO), die vom Jobcenter Berlin Pankow im Hinblick auf seine Aufgaben nach dem SGB II verarbeitet werden (Sozialdaten, vgl. § 67 Abs. 2 SGB X).“