Bei Netflix läuft derzeit die Serie „Zeit der Geheimnisse“. KUKKSI-Reporter Marcel Flock hat Svenja Jung und Leonie Benesch zum Interview getroffen. 

Dreimal Weihnachten, drei Frauen, drei Generationen: Großmutter Vivi, Tochter Sonja und Enkelin Lara. In der Geschichte geht es um drei sehr unterschiedliche Frauen und ihre Erfahrungen mit der Liebe und dem Leben. Es geht um ihre Entscheidungen zwischen Freiheit und Aufopferung über einen Zeitraum von fast 100 Jahren.

Es ist eine Geschichte über den Geist, der als unsichtbares Sein über all die Jahre in diesen Frauen weiterlebt. Gibt es etwas, das sich von einer Generation auf die nächste überträgt? Ist man jemals wirklich frei von dem, was vor der eigenen Zeit passiert ist?

Svenja Jung und Leonie Benesch im Interview

Wie seid eigentlich zu dem Projekt gekommen?

Svenja: Also bei mir war das so, ich war auf einem anderen Casting eigentlich, bei der gleichen Casterin, bei Simone Bär für eine andere Rolle. Und dann wurde ich danach, nachdem ich da vorgesprochen habe, gleich angerufen, ob ich am nächsten Tag nochmal kommen könnte für ein anderes Projekt. Da war Leonie aber schon besetzt. Da haben wir diese Szene im Bad gespielt, wo ich sie frage, ob sie Beruhigungstropfen einnimmt.

Leonie: Diazepam!

Svenja: Diazepam und ich konnte Diazepam mir echt nicht merken.

Leonie: (scherzhaft) Diazepam! Wie war das mit klug? Ich dachte du bist so ein großer Nussfan, ich glaube das ist eine Lüge.

Svenja: (scherzhaft) Vielleicht verdummt man ja auch durch Nüsse. Also klassisches Casting, und dann hat das tatsächlich geklappt.

Was hat euch allgemein an euren Rollen so fasziniert?

Leonie: Ich würde eher sagen, ich fand das Projekt sehr, sehr spannend. Die Rolle der Lara an sich… ich mag sie sehr. Aber das ist die Art Rolle, die ich schon oft gespielt habe. Ich wusste auch, dass diese Figur zu spielen mir vielleicht nicht unbedingt die großen neuen Erkenntnisse bringt. Aber der Grund, warum ich unbedingt mitmachen wollte ist, dass die Bücher einfach so lustig und schön waren.

Svenja: Man kann wirklich ein lustiges, gutes Buch daran erkennen, dass man während dem Lesen laut lacht und das hatte ich so oft bei diesem Buch, das ist echt grandios geschrieben.

Leonie: Und dann wollte ich unbedingt dabei sein, und da wäre es am Ende des Tages wahrscheinlich auch ganz egal gewesen welche Rolle – blöd gesagt.

Svenja zu Leonie: Also Moritz hättest du auch gemacht?

Leonie: Auf jeden Fall!

Svenja: Hauptsache dabei, denk ich mir auch immer

Leonie: Ich hätte auch das Stück Fleisch gespielt, oder den Truthahn.

Svenja: Das wäre schade gewesen, weil dann hätten wir uns nicht so viel gesehen, wenn du nur das Stück Fleisch gewesen wärst.

Svenja: Also, ich mag den Bogen. Natürlich auch den Grund, weil ich finde dass das wahnsinnig spannendes Projekt ist und es die erste deutsche Netflix-Serie ist, die so aus weiblicher Hand entstanden ist. Und auch weil wir den Bechdel-Test bestehen. Das finde ich sind alles sehr wichtige Punkte und weil ich die Figuren wahnsinnig mag und es ganz toll finde, wie diese Geschichte auch sich Zeit lässt und wir so eine Freiheit bekommen haben, das sehr poetisch zu erzählen. Und ich mochte die Dynamik der Figuren miteinander sehr. Diese ganzen Verbindungen zwischen Müttern und Töchtern, Geschwistern, Großeltern und Enkeln. Und das finde ich sehr gelungen. Und ich mochte die Reise oder die Geschichte von Vivi sehr gerne und finde die hat einen großen Bogen, den sie durchmacht, und ich mag es, wie sie so auf die Kacke haut und irgendwie, da vor alldem dafür verantwortlich ist, dass diese Geheimnisse jetzt endlich mal gelüftet werden. Und natürlich auch deshalb, dass sie dadurch erst wieder weiß, wer sie ist und zu sich zurückfindet. Ich finde es einfach wirklich, und auch die verschiedenen Zeitebenen fand ich sehr spannend. Auch dass es eine kleine Version von uns beiden gibt.

Leonie: Das war sweet

Svenja: Ja. Vivis kleine Version hat ein Meeting eingefordert und wollte mit mir über die Rolle sprechen.

Svenja: Wir haben das tatsächlich gemacht und man merkts auch

Leonie: Und ich bin meiner kleinen nur ausgewichen. (lacht)

Svenja: Also meine kleine Version und ich haben uns dann so ein paar Sachen überlegt wie wir sie darstellen, so wie sie sich bewegt und was sie so für Moves macht und so

Leonie: Ja und findest du jetzt deswegen deine Performance wirklich besser als meine?

Svenja (stammelt) ne, ne, ne, nur anders.

Zu Svenja: Deine Geschichte fand ich extrem interessant und unerwartet. Ich habe am Anfang eher erwartet, dass du die Rebellin, aber auch gleichzeitig so bist, die es halt im Leben zu etwas gebracht hat. Am Ende stellt sich heraus, dass sie eigentlich nix geschafft hat.

Svenja: Ja ich meine, man merkt ja relativ früh, dass da bei Vivi auch alles an die Wand gefahren ist, schon dann, wenn sie sagt Ich habe einen Freund. Und man merkt ja relativ früh, dass da bei ihr auch wie emotional die Begegnung mit ihrer Mutter ist und so, dass da relativ viel Schmerz mit dieser ganzen Familie verbunden ist bei ihr, den sie dann aus dem Weg räumt.

Zu Svenja: Man merkt auch, zum Beispiel bei der Dynamik zwischen deinem Charakter und der Mutter deutlich mehr Ähnlichkeiten vorhanden sind, als zum Beispiel mit dem Charakter von Leonie. Deswegen konnte ich auch manche Schlüsse von der Mutter mehr nachvollziehen.

Svenja: Total, versteht man ja sowieso ganz gut dadurch, dass immer dieses Weihnachtsfest nochmal in den Rückblenden gezeigt wird. Da versteht man ja auch noch einmal mehr, wie diese Menschen zu den Menschen geworden sind, die sie sind und warum da so eine große Entfernung oder Distanz entstanden ist zwischen den Figuren.

Ich fand es sehr interessant, dass ausgerechnet Weihnachten als Hauptthema gewählt wurde, was eigentlich ein kompletter Kontrast zu dem ist, was man sonst so zu Weihnachten präsentiert bekommt.

Leonie: Findest du es so bedrückend?

Svenja: Ich finde, ich habe das Gefühl, wenn man es geguckt hat, dann möchte man den Menschen neben sich in den Arm nehmen. Dann möchte man auch ein bisschen Asche verstreuen.

Svenja: Für mich ist es eine sehr schöne Familiengeschichte, und ich mag es, dass diese Weihnachtsstimmung oder dieses Zusammenkommen erst entsteht und dass am Anfang alle so weit voneinander entfernt sind. Und am Ende der dritten Folge so aneinander gerückt ist.

Leonie: Ich finde ja auch Weihnachten ist makaber. Und es ist nicht dieses American 90er Jahre-Ding, wo alle glücklich sind und sich lieb haben. Das stimmt einfach nicht, und deswegen mag ich diese Serie sehr gerne.

Svenja: Es ist ja so, dass man, aufgeladen von dem ganzen Jahr, mit so einer Spannung nach Hause kommt und dann erst einmal Zeit findet, durchzuatmen und das ja tatsächlich zur gleichen Zeit auf der ganzen Welt passiert. Und natürlich prallen da verschiedenste Charaktere oder einfach Menschen, die sich sehr verbunden sind, Situationen, Menschen, die lange nicht gesehen haben, aufeinander. Und da natürlich sehr viel Konfliktpotenzial da. Ich finde, es ist die einzige Zeit, wo wirklich die Familie zusammenkommt und deswegen ganz guter Schauplatz ist.

Kann man also daraus schließen, dass ihr nicht so die Fans von kitischigen Weihnachtsfilmen seid?

Leonie: Doch, Svenja total, am liebsten der größte Kitsch überhaupt

Svenja: Ne Leonie so stimmt das nicht. Aber ich mag Weihnachten total gerne, weil ich einfach meine Family wieder sehe und wieder so zuhause ankomme und wieder ein Kind werde. Ein bisschen. Oder das sein darf für diesen Zeitraum, der so ein bisschen die Zeit auch so ein bisschen angehalten ist. Ich genieße das immer sehr, weil ich meine Familie über das Jahr hinweg nicht so oft sehe, weil ich in Berlin lebe und die alle noch im Westerwald leben und ich für eine ganz besondere wichtige Zeit.

Svenja: Ja, genau. Deswegen haben wir das dann auch als Zeit oder als Schauplatz gewählt für die Serie.

Habt ihr Gemeinsamkeiten mit euren Charakteren?

Leonie: Ich glaube, Lara und ich sind uns überhaupt nicht ähnlich, bis auf die Tatsache, dass ich tatsächlich ein sehr ordnungs-besessener Mensch bin. Mein Leben ist so chaotisch in Sachen von A nach B und zehn Sachen gleichzeitig, dass ich es brauche, dass Zuhause alles sehr ordentlich ist. Und ich bin auch, würde ich sagen, gut vorbereitet und gut organisiert. Das haben wir gemeinsam, den ganzen anderen Rest nicht.

Svenja: Gemeinsam haben wir auf jeden Fall, dass wir beide einen sehr starken Willen haben und vielleicht sogar diese Kopf gegen die Wand Attitüde. Wo wir uns extrem unterscheiden, ist, dass ich einfach ein viel positiverer, oder meine ein viel positiver Mensch zu sein als Vivi. Es war krass, weil ich hatte über die Zeit hinweg, als wir gedreht haben, extrem viel Schlechte Laune die ich irgendwie mitgenommen hab manchmal, gerade am Anfang, wenn sie da ankommt. Und da sind wir dann doch sehr unterschiedlich.

Svenja: Aber ich habe trotzdem ganz viel von Vivi gelernt und bin sehr, sehr froh, dass ich die Figur spielen durfte.

Ich muss auch sagen, dass ganze Setting vermittelt nicht gerade eine positive Stimmung.

Svenja: Aber wir haben auch gute Laune in der Serie. Jetzt nicht nur Drama, wir lachen auch.

Svenja: Es gibt auch viele lustige Momente, finde ich und so einen trockenen Humor, was ich sehr, sehr gerne mag.

Was waren denn so die Stellen?

Svenja: Ja Moritz, also alles was Moritz sagt. Auch das mit der RAF. Ich finde diese ganzen Charaktere lustig aber auch Barbara Nüsse, die unsere Ur-Oma verkörpert, die unsere, ja unsere Oma immer auch so sehen.

Svenja: Da sind schon echt sehr lustige Szenen dabei und ich finde es wurde ein sehr schönes Gleichgewicht zwischen Humor und emotionalen Szenen geschaffen. Ich glaube, da sind wir vielleicht ein bisschen mehr für den emotionalen Teil zuständig, für emotionale Menschen wie wir auch. Ich finde, da gibt es auch Lustiges zwischen uns.